1.1. Mathematische Grundlagen¶
Zur Entwicklung der Eigenwerttheorie betrachten wir in diesem Kapitel spezielle lineare Abbildungen F:V→V, den sogenannten Endomorphismen, die von einem Vektorraum V wieder nach V abbilden. Hierbei beschränken wir uns auf den endlich-dimensionalen Fall und nehmen im Folgenden immer an, dass V ein K-Vektorraum über einem Körper K ist und eine endliche Dimension dim(V)=n,n∈N, besitzt. Ein kanonisches Beispiel wäre der Vektorraum V=Rn. Es sei angemerkt, dass Eigenwerte auch für den Fall von unendlich-dimensionalen Vektorräumen untersucht werden können, zum Beispiel bei der Spektraltheorie in der Funktionanalysis. Wir wollen uns in dieser Vorlesung jedoch auf den einfacheren, endlich-dimensionalen Fall beschränken.
Wir beginnen mit einer kurzen Auffrischung der Beziehung einer darstellenden Matrix und einer allgemeinen linearen Abbildung zwischen zwei K-Vektorräumen. Wie wir wissen, besteht zwischen Matrizen aus Kn×m und linearen Abbildungen F:V→W zwischen n– bzw. m–dimensionalen K–Vektorräumen V und W ein enger Zusammenhang. Ist B=(b1,...,bn) eine Basis von V und C=(c1,...,cm) eine Basis von W , dann ist die darstellende Matrix MBC(F)∈Kn×m diejenige Matrix, bezüglich derer der Vektor ∑ni=1vibi∈V unter F auf den Vektor ∑mj=1wjcj∈W mit
abgebildet wird. Die Matrix MBC(F) drückt also aus, wie sich die lineare Abbildung auf Vektoren von V bezüglich der gewählten Basen B und C verhält, so dass viele mathematische Sätze für lineare Abbildungen und Matrizen äquivalent formuliert werden können.
Besonders wichtig für die Eigenwerttheorie ist der folgende grundlegende Basiswechselsatz.
Theorem 1.1 (Basiswechselsatz)
Seien V ein n-dimensionaler K-Vektorraum mit n∈N und seien
zwei Basen von V. Sei nun v∈V ein Vektor, der in den beiden Basen folgende Darstellungen hat
Die Koordinaten (x1,…,xn)∈Kn und (y1,…,yn)∈Kn sind eindeutig bestimmt und es existiert eine reguläre Matrix TBC∈GL(n;K), genannt Transformationsmatrix, die einen Basiswechsel von B nach C wie folgt realisiert:
Außerdem lassen sich die Koordinaten des Vektors v bezüglich der Basis B aus den Koordinaten bezüglich der Basis C unter zu Hilfenahme der inversen Transformationsmatrix TCB=(TBC)−1 berechnen und es gilt
Proof. Siehe Bemerkung 2.6.2 und 2.6.3 in [Fis05].
Bevor wir uns dem eigentlich Studium von Eigenwerten und Eigenvektoren widmen, wollen wir noch einige grundlegende Begriffe aus der Linearen Algebra wiederholen, die aus [Bur20] bereits bekannt sein sollten. Hierbei handelt es sich um nützliche Begriffe und Eigenschaften von quadratische Matrizen als Repräsentanten von Endomorphismen, die ein Spezialfall von linearen Abbildungen zwischen K-Vektorräumen darstellen.
Definition 1.1 (Spur einer Matrix)
Sei A∈Kn×n eine quadratische Matrix. Dann ist die Spur Spur(A) von A definiert als die Summe der Diagonaleinträge von A, d.h.,
Definition 1.2 (Kern einer Matrix)
Sei A∈Kn×n eine quadratische Matrix. Dann ist der Kern Kern(A) von A, auch Nullraum genannt, definiert als der Unterraum von V, dessen Vektoren von A auf den Nullvektor →0∈V abgebildet werden, d.h.,
Der Kern von A ist also gerade der Lösungsraum des homogenen, linearen Gleichungssystems Av=0.
Definition 1.3 (Bild und Rang einer Matrix)
Sei A∈Kn×n eine quadratische Matrix.
Dann ist das mit Bild(A) bezeichnete Bild von A, auch Bildraum genannt, definiert als der Unterraum von V, auf den alle Vektoren v∈V von A abgebildet werden, d.h.,
Weiterhin können wir den mit Rang(A) bezeichneten Rang von A definieren als Dimension des Bildraums von A, d.h., Rang(A):=dimBild(A).
Folgende Lemmata werden uns nützlich sein in Bezug auf die Determinante det(A) einer quadratischen Matrix A.
Lemma 1.1
Eine quadratische Matrix A∈Kn×n hat genau dann vollen Rang, wenn ihre Determinante ungleich Null ist, d.h.
Proof. Sei Rang(A)=dimBild(A)=dimV, dann wissen wir nach dem Satz über die Orthogonalität von Bild und Kern (siehe Satz 3.28 [Bur20]), dass der Kern von AT trivial sein muss, d.h., Kern(AT)={→0}. Dies ist äquivalent dazu, dass die Matrix AT regulär ist. Dann folgt schon mit der äquivalenten Bedingung aus [Bur20] Satz 3.41], dass die Determinante det(AT)=det(A)≠0 ist.
Lemma 1.2 (Determinanten-Regel von Sarrus)
Die Determinante det(A) einer quadratischen (3×3)-Matrix A∈K3×3 mit
lässt sich mit der Regel von Sarrus wie folgt berechnen.
Proof. Siehe Theorem 3.2.5 (Leibnizformel) in [Fis05].
Das folgende Lemma erlaubt es uns die Determinante für Blockmatrizen besonders leicht auszurechnen und das Problem in einfachere Unterprobleme zu zerlegen.
Lemma 1.3 (Determinanten-Regel für Blockmatrizen)
Sei n∈N mit n≥2 und sei A∈Kn×n eine quadratische Blockmatrix von der Gestalt
wobei A1 und A2 quadratische Blöcke sind. Dann gilt für die Determinante der Blockmatrix A:
Proof. Siehe Satz 3.1.3, D9 [Fis05].